Mittwoch, 19. Juli 2017

Kekse, die nach Schicksal schmecken

"Something you lost will soon turn up" - dieser kleine Zettel aus einem Glückskeks steckte seit Anfang Januar in meiner Handyhülle, sodass er mir manchmal ins Auge fiel. Und dann überlegte ich mir kurz, was ich denn verloren hatte und wann es wieder auftauchen würde. Nur Sekundenbruchteile, dann schalt ich mich, kam mir lächerlich vor, mir über vorgedruckte Zettelchen Gedanken zu machen, diesen Spruch als Omen zu nehmen. Irgendwann im April ist mir der Zettel aus der Hülle gefallen. Plötzlich lag er vor mir auf dem Boden, der weiße Papierstreifen. Ich hab gelächelt, mir gedacht, dass ich jetzt vielleicht endlich meine Würde wieder habe und aufhöre, Menschen hinterherzulaufen, mich klein zu machen, meine Gedanken zu verstecken. Dann hab ich den Kopf geschüttelt über mich selbst und den Zettel in meinen Geldbeutel gesteckt.

Ich habe jetzt einen neuen Glückskekszettel in meiner Handyhülle: "Das Lernen ist wie ein Meer ohne Ufer." Rate mal, wann ich diesen Glückskeks geöffnet habe? Genau, einen Tag, nachdem ich meine Bachelor-Arbeit abgegeben habe. Das Leben zeigt sich mir gegenüber gerne von seiner ironischen Seite. Ich bin nicht fertig, noch lange nicht. Wieder stehe ich kopfschüttelnd da, lache über mich. Habe ich gedacht, dass ich mich jetzt zurücklehnen kann? Hornbach. Es gibt immer was zu tun. Yippie ya ya yippie yippie yey. Uferloses Lernen, strampeln, um nicht unterzugehen. Geld verdienen, mich über Wasser halten. 
Ich brauche ein Ufer, um mich wenigstens daran zu orientieren, auch wenn ich nicht dort ankomme. Höchstens vielleicht, wenn mir dieser Zettel auch aus der Hülle fällt und vor mir auf dem Boden liegt.


Hannes Beyer Foto