Mittwoch, 25. September 2013

ein-, ab-, auftauchen

Ein paar Gedanken zu Madrid:

Es ist viel schöner, als ich es mir vorgestellt habe! Ich glaube, ich hatte keine konkrete Vorstellung von Madrid, aber in dieser unkonkreten Vorstellung kamen weder wunderschöne antike Häuser und Kirchen noch schattige Plätze noch nette Menschen vor.
Die Ampeln zwitschern hier, wenn sie grün sind! Großstadtdschungel.
Ich hab mich ein wenig treiben lassen, bin von einer Gasse zur nächsten geschlendert, ich war im fantastischsten H&M aller Zeiten (Du betrittst ein irgendwie barockes Gebäude durch hohe, breite Türen, der Eingangsbereich ist dunkel, ein riesiger Kronleuchter hängt herab, schwere Teppiche verschlucken deine Schritte. Ein großes Portal und geschwungene Treppen zu beiden Seiten führen dich zu unzähligen Kleiderständern voller Kleider verteilt auf drei Etagen - leider passen sie nicht alle zum Ambiente, aber man kennt ja H&M.), und am Ende doch froh, dass ich einen Stadtplan habe, der mich dann zur nächsten Metrostation geführt hat.
Auf dem Heimweg habe ich ein wenig die elektronischen Haltestellenansagen in unseren Bussen vermisst. Ich musste nämlich erst einmal eine dreiviertel Stunde auf meinen Bus warten - kaum zu glauben, aber in den Vororten von Madrid kommen die Busse noch seltener als in Hochberg - und dann wusste ich natürlich nicht, wo ich genau aussteigen muss. Aber mit Hilfe meiner netten spanischen Nebensitzerin, die perfekt Englisch konnte und den halben Bus nach meiner Haltestelle gefragt hat, und dem Busfahrer, der mir den entscheidenden Hinweis - "esta" (heißt wohl so viel wie "es ist hier") - geliefert hat, habe ich es doch noch nach Hause geschafft.

Ich freue mich darauf, ab jetzt jeden Tag in diese Stadt einzutauchen, dort Spanisch zu lernen, und hoffentlich rechtzeitig wieder aufzutauchen, um Victoria von der Schule abzuholen.


Dienstag, 24. September 2013

Globo

¡Queridos amigos!

domingo, lunes y martes. Seit drei Tagen habe ich ein neues Zuhause hier in einem Vorort von Madrid. Es ist sehr schön hier und viel wärmer als in Deutschland. Die dominerende Farbe hier ist auf jeden Fall naranja. Orangene Backsteinreihenhäuser, orangene Felder und orangene Sandwüsten, die ich vom Flugzeug aus gesehen habe.
Die Lieblingsfarbe von dem sechsjährigen Mädchen, Victoria, um das ich mich kümmere, ist aber rosa, und genauso könnt ihr euch auch ihr Zimmer vorstellen. Ich bringe sie jeden Morgen um neun zur Schule, nachdem ich sie geweckt habe und sie ihr Frühstück - Kakao und ein pain au chocolat (wie das auf Spanisch heißt, weiß ich noch nicht) vor dem Fernseher gegessen hat.
Sie hat mir auch mein erstes spanisches Wort beigebracht, nämlich "globo" für Luftballon, und das gleich stolz ihren Freundinnen erzählt.
Meine Gastmutter - ebenfalls Victoria - hat mir noch viel mehr beigebracht. Mit ihr mache ich jeden Tag eine Spanisch-Englisch-Stunde: ausgerüstet mit dem iPad-Übersetzer bringen wir uns gegenseitig die Wochentage, Monate, wichtige Verben und Adjektive auf Spanisch beziehungsweise Englisch bei.
Bald gehe ich aber zu einer richtigen Sprachschule in Madrid.

Übrigens: Im Haus zieht man hier die Straßenschuhe nicht aus und jeder gibt sich Küsschen und Kaffee trinke ich ab jetzt aus Gläsern.

¡Besos!

Sonntag, 22. September 2013

Vorbereitungen - praktisch 2


Ich habe schon all die letzten Dinge bei mir zuhause getan - das letzte Mal in meinem Bett geschlafen, das letzte Mal mit meiner Familie gefrühstückt, die letzte Zigarette auf meinem Balkon geraucht - vermissen werde ich das auf jeden Fall.
Aber noch mehr freue ich mich auf all das Neue, Spannende, hoffentlich Schöne, dem ich in drei Stunden entgegenfliege.
Alle Gastgeschenke habe ich leider noch nicht, nachdem sich das Plastikspätzlesieb als Reinfall erwiesen hat - zum Glück habe ich es zuhause noch ausprobiert und kann jetzt - zwar mehr schlecht als recht - per Hand mit Brett und Schaber Spätzle schaben. Neues Geschenk: Bekocht werden von mir! Ich weiß, dass alle, die schon einmal das "Vergnügen" hatten, von mir bekocht zu werden, jetzt ein wenig Mitleid mit meiner Gastfamilie haben werden, aber gestern hat es auch geschmeckt! (Ok, mein Papa hat mir sehr geholfen ;))
Ein paar letzte Male hab ich noch vor mir, bis ich in den Flieger steige - dann beginnen die vielen ersten Male.






Dienstag, 10. September 2013

Vorbereitungen - praktisch 1

Noch zwölf Tage bis ich für fast ein Jahr nach Madrid fliege! Ich werde dort als Au Pair in einem Vorort von Madrid auf ein sechsjähriges Mädchen aufpassen, das heißt sie morgens zur Schule bringen und nachmittags mit ihr spielen. Ich freue mich darauf ((:

Gestern habe ich angefangen, mein Zimmer gästezimmertauglich zu machen.
Wahrscheinlich wird es hauptsächlich von meinen Schwestern beansprucht werden - ich habe in meinem Zimmer nämlich den besten Wlan-Empfang.^^
Ich habe meine Schreibtischschubladen ausgemistet, endlich meine Schulsachen dahin verstaut wo ich sie nicht so schnell wieder zu Gesicht bekomme und all die kleinen Dinge, Schächtelchen und Nippes, die sich  im Lauf der Jahre in jedem Winkel meines Zimmers verteilt haben, zusammengepackt.
Jetzt sieht alles viel ordentlicher aus, aber auch leer, irgendwie sinnentleert.
Zum Glück sind meine Kleider, Schals und Taschen noch da und klar sichtbar.

Bald geht es aber auch denen an den Kragen, beziehungsweise geht es für sie vom Bügel weg in den Koffer. Dieser Koffer steht schon in meinem Zimmer - eher ein Koffermonster^^. Ich darf 23 Kilogramm mitnehmen und ich sehe mich schon jetzt verzweifelt, weil ich mich nicht zwischen Daunenjacke und Wintermantel, zwischen verwaschener Lieblingsjeans und der rosaroten, die ich diesen Sommer gekauft habe, entscheiden kann. Und wenn ich das geschafft habe, werde ich kläglich an der Schuhauswahl scheitern.

Ich denke, ich werde das Koffermonster noch eine Weile anstarren, bis ich mich aufraffen kann, die ersten Dinge hineinzulegen.

Bis dahin werde ich Gastgeschenke googeln. Ein schwäbisches Kochbuch auf spanisch oder deutsches Bier? - Darf ich das überhaupt einführen? Und ein typisch deutsches Kinderspiel? Äh, Uno? Hat die Kleine sicher schon. Ich werde hoffentlich bald fündig.

Montag, 2. September 2013

Vorbereitungen - seelisch

Es ist, als würde ich auf das Leben warten. Dabei weiß ich, dass das Leben mich umgibt mit all seinen Armen und Beinen, Händen und Füßen. Ich müsste nur eine dieser unzähligen
- zugegebenermaßen: ungezählten - Gliedmaßen ergreifen und sie würden mich ergreifen, es würde mich ergreifen, das Leben.
Statt zu ergreifen sitze ich hier - ergriffen von dem Gefühl in meinem Bauch, das mich immer dann ergreift (jetzt ist Schluss mit ergreifen), wenn ich mir vorstelle, ich würde auf das Leben warten und eigentlich weiß, dass ich nicht zu warten brauche.
Ich habe Angst, in das schwarze Loch in meinem Bauch zu fallen. Also bleibe ich sitzen, hier am Abgrund des schwarzen Lochs mit Angst im Bauch, Angst davor aufzuspringen und zu ergreifen (entschuldige) mit beiden Händen und beiden Füßen, es, das Leben.
Das Warten habe ich mir ausgedacht, diese Situation herbei phantasiert, als Ausrede. Um niemandem sagen zu müssen, dass ich Angst habe vor meinem schwarzen Loch und noch mehr vor dem Gegenteil, dem grellweißen Leben, in dem man noch viel tiefer fallen kann. 
Doch dieses "kann", wagemutig ausgedrückt: "könnte", ist meine Möglichkeit, die Ausrede fallenzulassen und es zu ergreifen (das letzte Mal), das Leben.

Außerdem ist Angst ganz normal, habe ich mir sagen lassen. Und ohne dieses schwarze Loch, dieses mulmige Gefühl im Magen wäre das Leben doch nur halb so aufregend.